12 Stunden Salinenlauf Bericht von Gudrun

Von Gudrun Strauß
Meine Challenge – der 12 Stunden Salinenlauf in Bad Dürkheim
Irgendwann Anfang des Jahres machte mein Mann mich auf eine Mitteilung in der Rheinpfalz über den bevorstehenden 3. Salinenlauf in Bad Dürkheim aufmerksam.  Darin wurde berichtet, dass in der Nacht vom 28. zum 29.05.2016 ein 12 Stundenlauf rund um die Saline durchgeführt wird.

Wohl mehr im Scherz fragte er mich, ob das nicht für mich interessant  wäre. Da musste ich gar nicht lange nachdenken. Ich hatte sowieso schon mit einem 24 Stundenlauf geliebäugelt, nachdem Silke und Tom von ihren Erfahrungen berichtet hatten. Da das Teilnehmerlimit auf 90 Läufer begrenzt war, wollte ich keine Zeit verstreichen lassen und meldete mich noch am selben Abend an.

Bis Ende Mai war noch so viel Zeit….die Vorfreude bei mir stieg wöchentlich. Um keine Langeweile aufkommen zu lassen, absolvierte ich noch ein paar Berg- und Halbmarathonläufe bis dahin.  Und da ich ja ein ehrgeiziger Mensch bin, definierte ich auch gleich mal ein Ziel für mich: 80 km wollte ich in dieser Zeit laufen, vorausge-setzt, dass keine orthopädischen Probleme auftreten.  Meine Männer, Jörg und Pascal, erklärten mich für verrückt, als ich ihnen davon erzählte. Naja, da hatten sie ja nicht ganz Unrecht. Wenn man sich so einer Challenge stellt, muss man wirklich ein bisschen verrückt sein…

Endlich war es so weit. Der 28. Mai war angebrochen, der Tag der größten sportlichen Herausforderung in meiner bis dahin 5-jährigen aktiven Läuferzeit. Tagsüber versuchte ich zu entspannen und ein bisschen zu schlafen, was mir aber nicht gelang. Also nutzte ich die Zeit, um in aller Ruhe ganz gründlich meine Laufklamotten zusammenzupacken. Die Anspannung stieg und stieg….Dann zog auch noch ein Gewitter auf. Na so ein Mist, es regnete heftig und als ich dann Richtung Bad  Dürkheim aufbrach, zeigte der Satellitenfilm nichts Gutes für die nächsten Stunden an.


Zum Glück hatte sich die im Satellitenfilm gesichtete Gewitterzelle bis zum Start aufgelöst oder einen anderen Weg gesucht. Zum Startschuss um 22 Uhr funkelten jedenfalls die Sterne am Himmel.
Gemeinsam mit den anderen 76 Läufern machte ich mich auf die erste Umrundung der Saline. Eine Runde betrug exakt 929 m und führte um die Saline herum und durch den hübschen Salinenpark wieder zurück. Leider hatte es ja am Nachmittag mächtig geregnet und dadurch waren einige Teile der Strecke noch Land unter. Die erste große Pfütze  mussten wir gleich nach dem Startschuss passieren. Hier gelang es uns noch, mit halbwegs trockenen Füssen durchzukommen. Aber nach ungefähr einer halben Runde kam das große Entsetzen – eine Riesenpfütze und keine Möglichkeit, diese zu umgehen. Oh je, das kann ja heiter werden, auf die fetten Blasen an meinen Füßen bin ich mal gespannt….Es kostete mich in jeder Runde extrem  viel Überwindung, durch diese ekelhafte braune Brühe zu laufen und dieses hässliche Wasserloch wurde in dieser Nacht zu meinem größten Feind...


Die ersten 10 km lief ich mit Uhr und GPS, um mich an einen guten Temporhythmus zu gewöhnen. Ich wollte einen Pace um die 7 min / km laufen, stellte aber fest, dass ich sehr gleichmäßig um die 6:40 lief. Na gut, dann eben etwas schneller als geplant. Einige meiner Mitstreiter legten ganz schön schnell los und mussten dann auch bald den Tribut dafür bezahlen. Sie reihten sich in den Pulk der Geher ein.
Langsam wurde es dunkel. Die Stimmung unter uns Läufern war super. Ich hatte schon vor dem Start mit Stephanie gequatscht und wir liefen die ersten Runden gemeinsam und fluchten auch gemeinsam bei jeder Durchquerung der Riesenpfütze.  Später ließ ich sie ziehen, da sie mir etwas zu schnell war. Und das, obwohl sie die Woche vorher den Ultralauf am Rennsteig gelaufen war. Bei mir war es „nur“ der Halbmarathon. Verrückte Ultras….


Ziemlich bald suchte ich den sehr gut bestückten Verpflegungsstand mit seinen freundlichen Helfern auf. Ich hatte zwar keinen Appetit, aber der Verstand drängte zur Nahrungsaufnahme. Immerhin wollte ich ja 12 Stunden lang laufen… So vergingen die ersten Stunden, Runde für Runde spulten wir ab. Die große Uhr an der Zeitmessstelle lief die 12 Stunden rückwärts und ich freute mich nach jeder Runde, dass wieder einige Minuten vorbei waren.  Ziemlich schnell war es Mitternacht. Das erste Etappenziel war erreicht!
Gegen halb Eins wurde ich plötzlich mit den Worten „Auf geht’s Mama“ begrüßt. Da standen doch tatsächlich Jörg und Pascal auf einmal da und schwenkten bunte Leuchtstäbe und feuerten uns alle mächtig an. Das war ja eine tolle Überraschung und motivierte mich unheimlich! Nach ungefähr einer Stunde verabschiedeten sich die beiden und fuhren nach Hause. Ein bisschen beneidete ich sie darum, dass sie jetzt ins warme Bett kriechen und schlafen konnten. Aber so richtig doll verspürte ich noch keine Müdigkeit. Das war gut so. Ich lief also weiter, quatschte unterwegs mal mit den Leuten und freute mich an der Messstelle, dass die große Uhr so schön gleichmäßig zurück lief. Und fluchte bei der Durchquerung des „Feindeslandes“ und spürte immer mehr feinen Sand unter meinen Fußsohlen und bei jedem Schritt quietschte das Wasser in den Schuhen…  Es war ekelhaft.


Vier Uhr, die Hälfte war geschafft. Eigentlich könnte jetzt Schluss sein, dachte ich so bei mir. Aber ich hatte ja noch einen tollen Motivationsjoker im Ärmel. Silke hatte mir nämlich ein paar Tage vor dem Start geschrieben, dass sie ab 5 Uhr Dienst am Verpflegungsstand hat. Das war super und ich freute mich sehr auf Silke. Schon kurz nach Vier traf ich sie, die Freude war groß.
Zufrieden und motiviert drehte ich meine Runden und fühlte mich immer noch wohl dabei. Gegen halb Fünf zuckten plötzlich erste Blitze über den Himmel. Oh nein, das muss jetzt wirklich nicht sein. Bald darauf war Donnergrollen zu hören und gegen Fünf begann es zu regnen. Schnell Cape auf den Kopf und Regenjacke übergezogen und weitergelaufen. Jetzt waren wir schön gleichmäßig von oben bis unten nass. Durch den Regen wurden die „Überschwemmungsgebiete“ wieder mächtig mit Wasser angefüllt und langsam hatte ich das Gefühl, dass sich Schwimmhäute zwischen meinen Zehen gebildet hatten. Zu allem Unglück war nun auch noch das Brot am Verpflegungsstand aufgefuttert, also keine Salami- und Käsebrote mehr.  Und noch sooo lange zu laufen. Auf Bananen hatte ich keinen Bock mehr und saure Nahrung wollte ich nicht essen, da es meinem Darm eh schon schlecht ging. Da machte mich Silke auf einen leckeren Erdnusskuchen aufmerksam und damit hatte ich für den Rest des Laufes meinen Favoriten gefunden. Tee und Erdnusskuchen – super!
Langsam wurde es hell und die Vögel begannen zu zwitschern. Oh wie schön.
Dann bekam ich von Silke die ersten Infos über die bereits bewältigten km. Das sah ja schon gut aus, ich lag bereits über Plan.
Und weiter drehten wir Runde für Runde…. Einer unserer Mitstreiter hatte sein Zelt direkt neben der Laufstrecke aufgestellt. Er hatte sich vor dem Regen ins Zelt geflüchtet – na so was, der war wohl aus Zucker?!  Einige Runden später stellte ich beim Vorbeilaufen fest, dass er eingeschlafen war…

Irgendwann gegen Sieben lies der Regen nach. Ich hatte keine Muse, den Lauf zu unterbrechen, um trockene Sachen anzuziehen.  Was ich später unter der Dusche bitter bereute, da ich einige heftige Blessuren auf der Haut davon trug und die brannten beim Duschen wie Feuer.
Gegen acht Uhr bekam ich von Silke die Info, dass ich mein Ziel, die 80 km, fast erreicht hatte. Ich war happy und lief weiter und weiter. So langsam wurde jetzt der Schritt schwer und ich musste mächtig die Zähne zusammenbeißen. Aber dann lichtete sich der Himmel und die Sonne blinzelte uns an. Das war sehr schön und motivierte mich nochmal für den anstrengenden Rest des Laufes. Mittlerweile hatte sogar unser „Sugar Men“ wieder seine läuferischen Aktivitäten aufgenommen.
Ich freute mich jedes Mal beim Durchqueren der Messstelle, dass die große Uhr so schön gleichmäßig rückwärts lief. Und dann kam doch tatsächlich der heißersehnte Moment, wo die Uhr weniger als eine Stunde Restlaufzeit anzeigte. Mittlerweile war ich aber auch  ganz schön kaputt und ungefähr 15 min vor Schluss weigerte sich mein Kopf, noch einmal durch die ekelhafte Pfütze zu laufen. Also lieber einen Halt am Verpflegungsstand gemacht, leckeren Erdnusskuchen gegessen, endlich mal einen Schluck Cola gegönnt und einen Plausch mit den Helfern gemacht.
Dann trabte ich ganz langsam der Messstelle entgegen. Bloß nicht zu schnell sein, damit ich nicht nochmal durchs Wasser muss….Als mein Blick ein letztes Mal auf die Uhr fiel, liefen gerade die letzten Sekunden ab. Oh, da fing ich doch tatsächlich wieder an zu sprinten. Aber leider schaffte ich es nicht nochmal, die Runde ganz voll zu machen.
Glücklich nahm ich später meine Medaille entgegen und war stolz, diese Tortur überstanden zu haben. Müdigkeit spürte ich zwar immer noch nicht, aber ich konnte meine Beine kaum mehr bewegen. Jeder Schritt fiel jetzt schwer…
Am Ende standen 93,8 gelaufene Kilometer zu Buche. Dieses Ergebnis macht mich stolz und glücklich und ich bin erstaunt, was man so zu leisten im Stande ist.

Danke an alle Motivatoren, insbesondere an Jörg, Pascal und Silke, an alle Helfer und an die Organisatoren. Es war eine tolle Erfahrung für mich.